Der Sinsheimer Wald im Wandel

Waldbegehung mit unseren Revier- und Bezirksförstern am 12. Mai 2022

 

 

Welche Folgen hat der Klimawandel auf die Bäume und die Forstwirtschaft? Und was hat es mit dem Eschensterben auf sich? Diese und andere Fragen konnten 28 interessierte Bürgerinnen und Bürger bei einer dreistündigen öffentlichen Waldbegehung am 12. Mai gemeinsam mit unseren Förstern diskutieren.

 

An ausgewählten Waldstandorten in Hilsbach, Weiler und Sinsheim erörterten Forstbezirksleiter Philipp Schweigler sowie Revierförster Dietmar Weiland und Rüdiger Keller den Zustand des Waldes. Sie gaben dabei auch tiefe Einblicke in die forstlichen Herausforderungen in Zeiten des Klimawandels.

 

An einem Fichtenstandort in Hilsbach erfuhren die Exkursionsteilnehmenden, dass die Fichte im Kraichgau auf absehbare Zeit keine Zukunft mehr haben wird. Die zunehmende Wärme und der damit verbundene Trockenheitsstress macht sie anfällig für Schädlings- und Pilzbefall. Dies hat bereits zu einem weitflächigen Absterben der Fichte geführt. Da die Fichte einer der wichtigsten Wirtschaftsbäume ist, ihr Holz findet vor allem als Bauholz häufige Verwendung, muss ihr Ausfall kompensiert werden. Deshalb wurde am Standort in Hilsbach, eine Fläche von rund 0,7ha mit der Douglasie bepflanzt. Die nordamerikanische Douglasie gilt als Hoffnungsträgerin in der Forstwirtschaft, da sie wesentlich trockenheitsresistenter ist und auch Perioden mit schlechterer Wasserversorgung überstehen kann. Ein Zaun schützt die jungen Douglasien derzeit noch vor Fraßschaden durch Rehwild. Die Vorbereitung der Pflanzfläche, Pflanzung, Zaunbau und erste Pflegemaßnahmen sind mit rund 17.000 Euro zu beziffern.

 

Ob die jungen Douglasien die Zukunft in Zeiten des Klimawandels meistern werden, konnten die Förster auf Nachfrage nicht beantworten. Die Veränderungen geschehen auch im Wald in nie da gewesener Geschwindigkeit, welche die langfristigen waldbaulichen Planungen und Maßnahmen erschweren. Bäume, die heute gepflanzt werden, müssen sowohl das heutige Klima als auch das zukünftige Klima aushalten können. „Dies erfordere wahre Pionierarbeit unter den heutigen Förstern“, war immer wieder zu hören, denn Erfahrungswerte mit einer sich sehr schnell verändernden klimatischen Situation hat man nicht.

 

 

 

Und so kommen neben dem Klimawandel viele weitere Faktoren dazu, die den Bäumen immer mehr zusetzten. Am zweiten Standort in Hilsbach war das Ausmaß des Eschentriebsterbens zu sehen. Ein aus Asien eingeschleppter Pilz verursacht eine schwere Baumkrankheit unter den heimischen Eschen, welche langfristig die Bäume schwächt und somit, verbunden mit weiterem Pilzbefall, zum Absterben der Bäume führt. Es sind bislang keine wirksamen Gegenmaßnahmen bekannt und es ist zu befürchten, dass die Esche als wertvolle Baumart verloren geht, wenn sich nicht einzelne pilzresistente Eschen durchsetzen können.

 

 

 

Am dritten Standort, Nähe Hammerau, konnten die Exkursionsteilnehmer erfahren, dass auf einem ehemaligen tonigen Fichtenstandort rund 6000 Eichen und Elsbeeren gepflanzt wurden. Die dort ebenfalls vorkommende Hainbuche, ein Klimawandelgewinner, flog in den Standort selbst sein. Der tonige Untergrund an diesem Standort bot zudem ideale Bedingungen für die Anlage von Kleingewässern. Davon profitiert nicht nur die Versickerung des Grundwassers, sondern auch die heimischen Amphibien wie z.B. Gelbauchunken, deren natürlicher Lebensraum immer knapper wird.

 

 

Weiter ging es zum vierten Standort im Sinsheimer Stadtwald in der Nähe des Postturms. Ein Buchenstandort auf skelettreichem Muschelkalk offenbart, was den Förstern wohl am meisten graue Haare wachsen lässt. Auch die - eigentlich konkurrenzstarke - Buche leidet massiv unter dem Klimawandel. Vor allem auf trockenen, schwierigen Standorten beobachtet man seit 2018 verstärkt ein Absterben von Kronenteilen und eine spärliche Belaubung. Hier sind bis zu 80% der Buchen betroffen. Oft weist auch die Rinde der Buche Risse durch Sonnenbrandschäden auf. Hier ist das Eindringen von Pilzen und anderen Schädlingen vorprogrammiert. Schneller als befürchtet wird die Buche aus unserem mitteleuropäischen Gebieten verschwinden.

 

 

In Baden-Württemberg hat sich das Klima schon jetzt um rund 1,5 Grad mehr im Durchschnitt erwärmt, mit der drohenden weiteren Erwärmung entspricht das zukünftig ungefähr den klimatischen Bedingungen von Bordeaux – allerdings mit voraussichtlich weniger Niederschlag.

 

Deshalb müssen die Förster weit in die Zukunft schauen und kümmern sich bereits heute schon intensiv um „Brückenbaumarten“ wie die Eiche.

 

Am letzten Standort wurden diese von den Teilnehmenden in ihrer Stattlichkeit dann auch sehr bewundert. Sehr große, über 150jährige Eichen hat man hierüber Jahrzehnte gehegt und gepflegt indem das Vordringen der Buche verhindert wurde. Lohn dieser Arbeit sind unzählige Eichensämlinge, die unter ihren Mutterpflanzen gekeimt sind und in den kommenden Jahren zur Aufforstung genutzt werden sollen.

 

 

Den großen Dank der interessierten Teilnehmenden nahmen unsere Förster mit Freude und dem Angebot für weitere, auch intensivere Waldgänge entgegen.

 




Text: A. Hoffmann, Bilder: N. Wohl, A. Hoffmann, S. Huber, A. Huber